Das Wichtigste aus den Gemeinderatsprotokollen seit 1882

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Ennsdorf um die Jahrhundertwende, das Kaufhaus Stöckler, daneben das Gasthaus Gmeiner

Einleitung:

Die Gemeinderatsprotokolle sind seit 1882 fast lückenlos erhalten. Sie sind in Bücher gebunden und wurden bis 1950 in kurrenter Handschrift geschrieben. Zitate in der folgenden Abhandlung aus den Protokollen sind durch kursive Buchstaben gekennzeichnet und wurden weder in der Schreibweise noch in der Satzstellung verändert. Hinweise auf andere Quellen werden unterstrichen .

Die Finanzen

Wichtig für die neue, frisch von St. Valentin abgetrennten, Gemeinde, bestehend aus den Katastralgemeinden Ennsdorf und Windpassing, waren die Einnahmequellen um den Verpflichtungen einer Gemeinde nachkommen zu können. Haupteinnahmequelle war eine Steuer (direkter Steuergulden) auf die Liegenschaften. Der Steuersatz (Gemeinde Umlage) pro Liegenschaft wurde je nach Finanzbedarf prozentuell vom direkten Steuergulden mit dem Voranschlag festgesetzt. Z.B Voranschlag für 1889: es wird bestimt, die Gemeinde Umlage mit 13% vom direkten Steuergulden einzuheben.
Die starke Veränderlichkeit der Gemeindeumlage sieht man beim Eintrag fürs Jahr 1890, dort wird nur ein Jahr später, bedingt durch Ausgaben für die Haltestelle und Volksschule Enns die Erhöhung auf 23% beschlossen. 
Die noch erhaltene Steuerliste für das Jahr 1882 enthält 52 steuerpflichtige Hausbesitzer, die jeweils 5 Gulden zahlen mussten.
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Der erste Bürgermeister: Pölzl Matthias 1882 - 1889

Weitere Einnahmequellen

Der Gemeindewald, 20 verschiedene Menschen 1882/83 haben für Holznutzung aus dem Gemeindewald bezahlt.
Die Jagdpacht, die an die Jäger St. Valentins verpachtet war, erbrachte ebenfalls Geld für die Gemeindekassa. Z.B. Sitzungsprotokoll vom 13, 9,1896: 1... die Gefertigten sind bereit, die Jagd für künftige 6Jahre um den bisherigen Pachtschilling von 260 Kronen dem St. Valentiner Jagdkonsortium zu belassen....

Die Verpachtung der Gemeindegründe (erwähnt sind Äcker und Wiesen in folgenden Gebieten: die Dienerau, den Kalkstein, den Stierschweif, das Kleinfeld, der Ennsspitz, das Mitterfeld, das Ebergartl, der Hirtergraben, die Mitterau, das Hirtergardl, die Stierwiese, das Gemeindelandl beim Banthalioner Weg - dieses Landl gegen geringe Pacht, aber mit der Verbindlichkeit den Weg nach St. Pantaleon immer gut und farbar herzuhalten - trugen ebenfalls zum Gemeindehaushalt bei.

Die Liste der steuerpflichtigen Bewohner Ennsdorfs 1882:

 1. Ignaz Weindl, 2. Bermair Ignaz, 3. nogler, 4. Schön Joh, 5. Kamptner Karl, 6. Außerweger,7. Baumgartner, 8. Ordmair Flo., 9. Kamptner Joh, 10. Knoll Joh, 11. Wahringer, 12. Zeiner Franz, 13. Kranzmair Joh., 14. und 15. Pölzl Mathias, 16. Ascherbau Joh. , 17. Gmeiner Josef, 18. Neidler Joh, 19. Nusbaum Joh, 20 Gemeinde, 21 ?Rengebaur?, 22. Fleischacker, 23. Hozinger, 24. Ramlmair, 25. Fischlmair, 26. und 29. Leitner Js, 27. Hadlauer Joh., 28. Schachner Math, 30. und 31. Ordmair Joh., 32. Wegmacher Hails, 33. Oberrader,  34. Derndorfer Joh, 35. Hammetner, 36. Dürrer Matin, 37. Dürrer Joh. , 38 Mair Filip, 39. Hozner, 40. Linninger Fr, 41. Haider Michl, 42. Kamptner Martin, 43. Bachinger,44. Leherbaur, 46. Wall Ignaz, 47. Jandl, 48. Rauchecker Joh. 49. Fischlmair Kr, 50. Kamptner  Franz, 51. Kamptner Jos, 52. Haider Joh, 53. Wall Karl,78. Rockenschaub, 79. Dalhammer

Diskriminierung der weiblichen Hunde:

Eine neue Einnahmequelle erschloss sich die Gemeinde in Form der Hundesteuer, die auf Wunsch der k.k. Bezirkshauptmannschaft am 15.101889 eingeführt werden musste: ....und zwar: für männliche Hunde einen Gulden und für weibliche Hunde drei Gulden jährlich.... (Zum Vergleich um 1Gulden konnte man 10kg Brot kaufen)

Bier wird besteuert!

6.1.1905, ein denkwürdiges Datum, die Geburt der Getränkesteuer!
Punkt I. Bildet die Beschlußfassung behufs einer Gemeindeauflage auf den Verkauf von Bier in der hiesigen Gemeinde. Der niederöst. Landesausschuss wird ersucht eine Auflage von 2 Kronen je Hektoliter zu bewilligen.

Am 14 Juni 1908 wird vom NÖ Landesbierinsrektorat Auskunft über die in Ennsdorf verbrauchten Biermengen erbeten, da man mit der eingezahlten Biersteuer nicht einverstanden war. Im Oktober 1908 wurde die Biersteuer auf2Kronen 30 Heller/Hektoliter erhöht.

Die wesentlichsten Ausgaben:

Der erste Eintrag auf der Ausgabeseite lautet:
1. Ein Buch gekauft samt 30 Bögen Papier 3Gulden
Immer wiederkehrende Ausgaben waren diverse Reisediäten und Gelder für Botengänge, Kanzleierfordernisse, die Schulumlage nach Enns in der Höhe von 70 Gulden fürs halbe Jahr und Aufwendungen für das Gemeindehaus (Maurer, Zimmerer, den Kalk und 17 Lahn fürs Gemeindehaus gekauft).

In der Jahresrechnung 1889 sind folgende Gehalte der Gemeinde verzeichnet: 
Bürgermeister     150
Gemeindediener   48
Briefträger           12
Gemeindearzt      25
Schulumlage       166,90
Beleichtung            2,75 

Der Schernfanger (Wühlmausvertilger?) erhielt jährlich mehrere Male seinen Lohn

Soziale Ausgaben - Armengeld

Die Gemeinde war auch die „Sozialversicherung“ für alle, die hier ein Heimatrecht besaßen. Sehr oft ist der Gemeinderath mit sozialen Ansuchen befasst, z.B.: der Bichlerin den Zins bezahlt, für Schmidberger Lazaretkosten, Armengeld für Waldhauserin und Wegmacherin... Das Armengeld wurde vom Gemeindeausschuss festgelegt und aus der Gemeindekassa bezahlt. So stritt der Gemeinderat, wie aus dem Protokoll vom 26.4.1885 hervorgeht, mit der Gemeinde St. Valentin um die Zugehörigkeit der zu unterstützenden Bichlerin samt Kinder und des Mathias Rumpelmeyr und es wurde die löbliche k.k. Bezirkshauptmannschaft Amsetten um eine Entscheidung gebeten.

Sehr oft werden Ansuchen um Armengeld abschlägig beschieden, etwa wie in Punkt 5 der Sitzung vom 27.7.1884, wenn der Gemeinderat Vermögen vermutet: .....betreffend die Krankheits und Leichenkosten des Franz Desch wird beschlossen: die Gemeinde fühlt sich nicht verpflichtet diese Zahlung zu leisten; derselbe ist vielmehr der Ansicht, daß die Witwe ohnedies noch zahlungsfähig sein kann, da sie in der Lage war, das hochwürdige Pfarramt zu befriedigen, oder wie in Punkt 3 vom 2. Mai 1886 die Bedürftigkeit angezweifelt wird: ......das Ansuchen der Theresia Pabst wird nicht berücksichtigt aus dem einfachen Grunde, weil selbe an Jahren noch nicht so weit fortgerückt ist und derzeit wieder gesund und noch erwerbsfähig ist.

Das Heimatrecht

Das Heimatrecht war also wichtig und so befasste sich der Gemeindeausschuss auch laufend mit der Verleihung des Heimatrechtes und verlangte in einigen Fällen eine Aufnahmegebühr, wie z. B. am 4.8.1888 für Katzenberger Anton: ...wird die Aufnahmegebühr mit 100 Gulden festgesetzt und ist demselben hievon schriftliche Mittheilung zu machen und darin der Antheil am Fruchtgenuße des bestehenden Gemeindeeigenthums bemerkbar zu machen.
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Gmeiner Josef, reicher Wirt (Ennsdorf lag an der stark frequentierten Reichsstraße) und Bürgermeister von 1889 bis 1898
Ein leichtes Ansteigen der Zuzüge ist ab ca. 1890 bedingt durch die Inbetriebnahme der Haltestelle festzustellen. 
HEIMATRECHT: Zugehörigkeit einer Person zu einer bestimmten Gemeinde. Zunächst wegen der Zugehörigkeit zu einer Grundherrschaft bzw. des Bürgerrechts nur subsidiär geltend (Bettlerschub-Patent 1754, Konskriptions-Patent 1804), wurde das Heimatrecht durch das Provisor. Gemeinde Gesetz 1849 zwingend eingeführt. Endgültig regelte das Reichsgesetz aus 1863 die Führung einer Matrikel der Mitglieder durch die Gemeinde (Heimatrolle) und die Ausstellung von Heimatscheinen. Das Heimatrecht gab den Anspruch auf ungestörten Aufenthalt und auf Armenpflege im Falle der Not. Es konnte durch Amtsantritt, Ersitzung (nach 10 Jahren), Eheschließung und Abstammung erworben werden; durch 2jährige Abwesenheit (Verschweigung) konnte man es verlieren. 1939 wurde das Heimatrecht in Österreich aufgehoben, an seine Stelle trat nach 1945 der Nachweis der Staatsbürgerschaft.
Die erste in Gruppen aufgeteilte Jahresrechnung erfolgte für das Rechnungsjahr Juli 1883 bis Juli 1884.
Der erste erhaltene Voranschlag wurde für das Verwaltungsjahr 25.7.1884 bis 25.7. 1885 erstellt.

Immer mehr Gemeindefunktionen wurden besetzt:

Ein Gemeindediener gehalt findet sich seit Anfang an auf den Jahresrechnungen. Die Höhe des Gehalts lässt allerdings darauf schließen, das dies eine nebenberufliche Tätigkeit war. So wurde am 11.9.1891 ein Karl Pöhhacker, Hafnermeister in Ennsdorf Gemeindediener

Am 26.4. 1885 fand die Wahl des Quartiermeisters statt. Dieser (Rockenschaub Ignaz) hatte die Aufgabe, die vom Militär verlangten Unterkünfte und Stallungen in Ennsdorf aufzutreiben und diese Lasten möglichst gerecht zu verteilen, denn Entschädigungen für diese Sachleistungen gab es nicht.
 
Punkt 2  vom  21.2.1904: Laut Reichsgesetzblatt vom 11. Juni 1879, ist jeder Besitzer verpflichtet, die auf in entfallenden Lasten der Militäreinquatierung zu unterzihen. Da in der hiesigen Gemeinde schon Äußerungen vorgekommen sind sich der Einquatierung zu entziehen, so findet sich der Gemeinde=Ausschuß veranlaßt den Beschluß zufassen, neuerdings zur Kenntniß zu bringen, daß jeder Besitzer, die im vom jeweiligen Quatiermeister zugewiesene Mannschaft und Pferde je nachgröße der Wirtschaft für unterkunft zu sorgen hat. 

Josef Kamptner wurde zum Gemeindewegemeister gewählt. Dieser organisierte die Erhaltung des Wegenetzes und konnte die Hausbesitzer hiefür zum Roboth anhalten. So heißt es im Original: Wird Herr Josef Kamptner zum Gemeinde Wegmeister gewählt und demselben das Amt eingeräumt, in Falle einer oder der Anderen sich gegen die Anordnung desselben weigern oder denselben nicht fügen will, von den Betreffenden für eine nicht geleistete Tagfuhrschichte 4 Gulden und für eine Handroboter 1 Gulden einzufordern, welcher Betrag in die Gemeindekassa abzuführen ist.

Man sieht das die Pflichten der Gemeindebürger nicht in der Steuerleistung erschöpften. Leistungen, wie die Quartiernahme der Soldaten und Handarbeit für die Gemeinschaft mussten zusätzlich erbracht werden und diese wurden sehr despotisch durchgesetzt.
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Die erste gemeinschaftliche Einrichtung, das „Gemeindehäusl“ hier rechts im Hintergrund beherbergte auch den Arrest. Der Standort war bei der Kreuzung Bäckerstraße/B123, jetzt ist dort eine Bushaltestelle.
Das sieht man auch an den Aufwendungen für den Arrestbau der Jahresrechnung von 83/84 in der Höhe von 107 Gulden und 67 Kreuzer.

Zu Schätzmänner für landwirtschaftliche und gewerbliche Angelegenheiten wurden Johann Roiser für Windpassing und Josef Ascherbauer für Ennsdorf gewählt. Diese ersetzten bei Unstimmigkeiten die heute notwendigen Sachverständigen

Für Bauverhandlungen wurden Baukommissionen gebildet, die die Einhaltung der Bauordnung überwachten. So ist am 28.5.1899 vermerkt, dass die Baukommission, Vorsitzender war der Gemeindevorsteher Josef Ortmeier, Mitglieder der I. Gemeinderath Josef Roiser und der Gemeindeausschuss Johann Dürrer, dem Abriss und dem Wiederaufbau des Stadels von Herrn Krenmayer zugestimmt hat, aber die damals übliche beantragte Strohdeckung laut §45 der Bauordnung eine Zustimmung des Gemeinderates erforderte

Ab 1892 wurde die Wasenmeistersamlung (Kadaverentsorger, -verwerter) abgeschafft und der Wasenmeistersoll nun 15 Gulden jährlich aus der Gemeindekassa erhalten.

Ein Gemeindearzt wird eingestellt

Am 5. März 1895 wurde zufolge Aufforderung der kk. BezkhpschtAmstetten vom 8. März d.J  ZI 5869 behufs Bestellung und Honorarbestimung etc des Gemeindeaztes in Gegenwarth der Gefertigten: Nach vorlesung obiger Aufforderung und der desbezüglich nothwendigsten Gesetzesstellen gibt Hr, Doktor Appenauer (zugl. Stadtarzt in Enns) über ersuchen des Vorsitzenden die Erklärung ab, die Stelle des Gemeindeaztes und samtl, damit verbundenen Verpflichtungen mit Inbegriff der Todtenbeschau, Armenbehandlung und Reisepauschals zu übernehmen gegen ein Honorar von 50 Gulden.

Bestimmt durch die Gemeinde wurde auch der Vieh- und Fleischbeschauer und ein Schätzmann in Tierseuchenangelegenheiten. So heißt es am 17. November..... wird einstimig beschlossen, das der Bürgermeister der kk, Bezirkshauptmannschaft bericht zu erstatten hat, daß der Schätzmann in Tierseuchenangelegenheiten Josef Gemeiner in der Gemeinde wenigVertrauen besitzt und auch erst kürzlich wegen Überschreitung des Tierseuchengesetzes bestraft wurde.

Erster Ehrenbürger der Gemeinde:

14.August 1900: Punkt I Ist die Ernennung des Herrn Johann Oberndorfer Kreiss und Landtags=Abgeordneter und Bürgermeister in Weistrach zum Ehrenbürger der hiesigen Gemeinde.

Erste gemeinschaftliche Einrichtungen:

Gemeindehaus
Am Anfang entstand das Gemeindehaus, das in den Rechnungen mehrmals erwähnt wird. So wurde verschiedenste Handwerker entlohnt. 1884 wurde der erste Zubau zum Gemeindehaus gemacht,......für den Zubau im Gemeindehäusl an Maurerlohn, Ziegel, Sand,Kalk, Fensterstock, 48 Gulden 50 Kreuzer.   ­

Folgender Eintrag vom 4. August 1889lässt Schlüsse über die Nutzung des Gemeindehauses zu, Benützung resp Vezinsung des Gemeindehäusl: die Pfründnerinnen Bichler und Schüller werden im neugebauten Gemeindehäusl in einem Zimmer untergebracht und der lezteren von ihrem bisherigen Unterstützungsbeitrag jr. 36 Gulden der Betrag jr. 12 gulden für den Zins abgezogen. das zweite Zimmer soll durch Johann Föstl recte Lindlbauer unentgeltlich bewohnt werden und muß der Gemeinde Vorsteher aus der Gemeindekassa den jeweiligen Dorfmeister jährlich 12 Gulden Zins zahlen

Gemeinde-Dorfbrunnen

Am 2. Mai 1886 steht über die Verwendung von Mitteln aus einem Grundverkauf an Mathias Ortmair folgendes: Über die Verwendung des Kaufschillings zum Stameigenthum stellt Michael Haider den Antrag, daß dieser Betrag zur Herstellung eines Gemeindebrunnens verwendet werden soll, da ein solcher als unentberlich erachtet werden muß, indem die meisten Hausbesitzer durch den größten Theil des Jahres gezwungen sind, ihren Bedarf an Wasser aus dem Ennsfluße zu deken, was aber besonders im Winter öfters bereits unmöglich ist. Ferners wird sich dieser Brunnen im falle einer Feuersbrunst bewähren.

Aus dem weiteren Text geht hervor, dass dieser Brunnen nur Eigentum der Dorfgemeinde und nicht der gesamten Gemeinde sein wird.